Seite 10 - Birgit Reidinger - Diplomarbeit Sehen Sie aus wie Ihr Hund

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Durch die Jahrhunderte
Seit den Anfängen der Domestizierung blieb der Hund eng an der
Seite des Menschen und durchlebte über die Jahrhunderte gute und
weniger gute Zeiten. Der Stellenwert des Hundes hat über die Zeit
hinweg so manchen Wechsel durchlaufen.
Schon die ersten Hochkulturen erkannten die Nützlichkeit des Hundes
und setzen diese gezielt für sich ein. Frühsumerische Siegel aus Me­
so­potamien zeigen oft schwere und massige Hunde, die für die Jagd
und als Kampfhunde gebraucht wurden, spätere Funde zeigen Hunde
hauptsächlich in der Funktion als Hirtenhunde. Für die Sumerer dürfte
der Hund einen durchaus hohen Stellenwert gehabt haben, denn er
galt in der Mythologie als Symboltier für die Göttin Gula, eine akka­
dische Heilsgöttin. Ihre Abbildungen zeigen immer den Hund an ihrer
Seite. So wie bei den Ägyptern dürfte das Tier die Stellung des Mitt­
lers zwischen Menschen und Göttern repräsentiert haben.
Die Ägypter glaubten, dass die Götter in Tieren Gestalt annehmen
können und sahen Tiere als Wesen mit einer Seele, welche nicht ge­
quält werden durften. Um ein Tier jagen oder opfern zu dürfen muss­
te es zuvor rituell zum Feind erklärt werden. Dennoch sahen sich die
Ägypter in der Rangordnung klar definiert über dem Tier. Diese lau­
tete Gott-Mensch-Zwerg-Tier-Pflanze. Sie setzten Hunde für die Jagd
und für den Kampf ein. Kampfunde galten zu jener Zeit als Kriegsma­
terial und konnten einen nicht zu unterschätzenden Wert bei Schlach­
ten beitragen, da die Menschen zu dieser Zeit im Kampf recht spärlich
ausgestattet waren. Nach den Schlachten suchten eigens ausgebilde­
te Sanitätshunde nach Verwundeten.
Von besonderer Beliebtheit dürfte der Windhund im alten Ägypten
gewesen sein. Er wurde zur Antilopenjagd eingesetzt und zählt zu
den ältesten, vom Menschen gezüchteten Hunderassen. Zur Zeit der
Nilschwemme durften diese Hunde sogar mit am Tisch ihrer Besitzer
Platz nehmen. Starb so ein Hund, so vollzogen seine Menschen Trau­
errituale, rührten das Essen nicht an, schoren sich am ganzen Körper
und begruben das einbalsamierte Tier in geweihten Gruften. In vielen
ägyptischen Grabkammern finden sich Darstellungen dieser Windhun­
de, dennoch erfuhr der Hund nicht so eine abgöttische Verehrung wie
die Katze. Die berühmtesten Darstellungen von Hunden sind jene des
Königs Antef II., welcher seine fünf Hunde auf seinem Grabstein ab­
bilden ließ. Der Hund findet sich ebenso in der Mythologie der Ägypter
wieder, als Anubis – Gott der Totenriten, der die Seelen der Toten in
die Unterwelt führte. Dennoch wurde der Hund nicht nur geschätzt.
Die zahlreich vorhandenen Streuner wurden als unsauber angesehen
und mit der Unterschicht gleichgestellt. Die Menschen sagten ihnen
die Übertragung von Krankheiten nach, weshalb sie vermutlich getö­
tet wurden wenn sich die Gelegenheit dazu bot. Im heutigen Ägypten
werden diese Hunde grenzenlos verachtet und am Fuße von altägyp­
tischen Darstellungen der einst so geliebten Rassehunde finden sich
heute Rudel von halb verhungerten, räudigen Pariahunden.
In der Antike hatte der Hund eine umfangreiche Bedeutung und war
nicht nur Gebrauchshund, sondern auch Teil der Unterhaltung, Teil
der Religion, aber auch „nur“ Freund und Begleiter. Die Beliebtheit
des Hundes spiegelte sich in den unterschiedlichen Rassen wider, die
die Römer und Griechen aus allen Teilen der Welt importieren. Be­
deutende Schriftsteller schrieben in den höchsten Tönen über die Fä­
higkeiten der Hunde und deren bedingungslose Treue. Die Menschen
waren der Überzeugung, dass der Hund mit seinen Eigenschaften
und geistigen Leistungen anderen Tieren weit überlegen sei. Äußerst
beliebt waren zum Beispiel doggenartige Hunde aus Asien. Sie sollen
die kühnsten kämpferischen Fähigkeiten besessen haben, weswegen
sie zu Repräsentationszwecken von Königen und reichen Privatleuten
gehalten wurden. Ebenso hohes Ansehen genossen die lakonischen
Jagdhunde, aber auch kleine Begleithunde. Diese Schoßhunde, ge­
nannt Melitäerhunde, waren bei Frauen, Kindern und Männern glei­
chermaßen beliebt, sogar Gladiatoren schätzten sie. Damals war es
also nichts zu Belächelndes, wenn ein Mann einen Schoßhund hielt
und liebte. Diese Hunde wurden äußerst verwöhnt, trugen nicht sel­
ten Luxushalsbänder mit feinstem Schmuck und schliefen in den Ge­
mächern ihrer Besitzer.
Alles was wir besaßen an Theia, dem niedlichen Hündlein,
Schließt der Hügel hier ein, Schönheit und liebendes Herz.
Jammernd sehnt sich das Mädchen nach ihrem verzärtelten Liebling,
Nimmer vergißt sie des Freundes, der sie so treulich geliebt.