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Ebenso gab es Theorien, wonach sich zwischen Hund und Mensch
eine Art Jagdkameradschaft gebildet hätte, welche zur Domestikati
on führte. Diese gelten heute gleichermaßen als unwahrscheinlich
wie die Vermutung einer bewussten Zähmung des Hundes um ihn als
Fleischlieferanten zu verwenden. Letztere stützt sich möglicherweise
auf die Tatsache, dass heute noch in vielen Ländern Hunde auf der
Speisekarte stehen. So ist es zum Beispiel in der Südsee normal,
Hunde zu essen. Diese werden von den polynesischen Frauen auf
gezogen (gesäugt), um sie später schlachten zu können. Es scheint
möglich, dass auch der Steinzeitmensch Hunde gegessen hat, aller
dings dürfte es kein ausschlaggebender Grund für die Domestizierung
gewesen sein.
Vielmehr gehen die Wissenschaftler von einer Art Selbstdomestikation
des Hundes aus. Der Steinzeitmensch war ein erfolgreicher Jäger, um
dessen Lager sich viele Abfälle und Kadaver ansammelten. Dies wur
de vermutlich vom Wolf als eine Art Nische erkannt und so entstand
eine neue Wolfsvariante, welche die Nähe des Menschen aktiv suchte.
Archäologische Funde aus Choukoudian, China, scheinen diese The
orie zu bestätigen. Dort wurden in 300.000 Jahre alten Schichten
Reste einer kleinen Wolfsart in den Lagern des Pekingmenschen ge
funden. Allerdings dürften der Mensch und diese kleine Wolfsvariante
lange Zeit nebeneinander existiert haben.
Eine Domestikation dieser „Vorhunde“ fand erst viel später statt. For
scher gehen davon aus, dass sich zwischen Mensch und Hund ein ge
genseitiges Nutzverhältnis bildete. Die Hunde warnten den Menschen
vor Raubtieren und anderen menschlichen Gegnern und sorgten für
eine gewisse Hygiene, indem sie die Abfälle und Fäkalien beseitigten.
Die Menschen sorgten für die Ernährungsgrundlage der Hunde und
allmählich dürften diese dadurch zahm geworden sein.
Ein genauer Zeitpunkt der Domestizierung des Hundes konnte aller
dings bisher nicht festgemacht werden. Frühe DNA–Studien deuteten
auf einen Beginn von vor über 100.000 Jahren hin. Die ersten Haus
hunde glichen in ihrem Erscheinungsbild aber noch lange dem Wolf
und dadurch ist eine genaue Datierung schwierig. Die Domestikati
on dürfte regional zu unterschiedlichen Zeiten stattgefunden haben
und nahm ihren Anfang vermutlich in Südostasien. DNA Studien aus
dem Jahr 2009 ergaben, dass sich alle Hunderassen weltweit einen
gemeinsamen homogenen Genpool teilen, dass aber nur Hunde aus
Südostasien südlich des Flusses Jangtse über die volle Bandbreite
verfügen. Im Jahr 2011 untersuchten Forscher die DNA von 151 Hun
den aus allen Teilen der Welt und konnten dadurch den südostasia
tischen Ursprung der Haushunde bestätigen. Die Forscher folgerten
aus ihren Untersuchungen, dass alle heutigen Hunde von ca. 13 bis
24 Wolfsvätern und wenigstens 51 weiblichen Wölfen abstammen. Als
Zeitpunkt der Domestikation wurde für Südostasien ein Zeitraum von
vor 16.300 – 5.400 Jahren ermittelt. In Mitteleuropa gilt die Domesti
zierung des Hundes spätestens vor etwa 14.000 Jahren als gesichert.
Es scheint zwar spekulativ, aber erst als sich eine echte Symbiose
zwischen Mensch und Hund einstellte, zuerst als Wächter und Ge
sundheitspolizei und später als Jagd- und Hirtenhund, ergab sich da
durch ein entscheidender zivilisatorischer Fortschritt. Für jene Völker
und Stämme, die Hunde hielten, bedeutete dies zum Ende der Stein
zeit einen Quantensprung im Überlebenskampf. Zu dieser Zeit drang
der Wald wieder in den Norden und dadurch verschwanden die riesi
gen Huftierherden und damit das üppige Nahrungsangebot. Die Tiere,
die nun in den Wäldern lebten, waren für den Menschen wesentlich
schwieriger zu jagen und der Hund mit seinem überlegenen Geruchs
sinn war wahrscheinlich die rettende Hilfe.
Die Wissenschaft vermutet, dass vor allem jene Völker, die sich in der
Domestikation und Hundezucht verstanden, weit bessere Überlebens
chancen hatten. Es erfolgte eventuell eine Selektion eines bestimm
ten Menschentypus, der sich besonders im Umgang und Geschick mit
Hunden verstand, noch lange bevor andere Nutztiere wie Schafe und
Ziegen domestiziert wurden. Der Kynologe (Hundewissenschaftler)
und Autor Dr. Hellmuth Wachtel bezeichnet dies als mögliche „Domes
tikation des Menschen durch den Hund“. Er begründet dies auch da
mit, dass es keine Hochkultur gab, die den Hund nicht kannte. So
hatten zum Beispiel schon die Ägypter vor 5.000 Jahren spezielle
Jagdhunderassen gezüchtet.
Generell scheint es auch besonders interessant, dass sich der Mensch
als erstes Domestikationsobjekt einen Fleischfresser und nicht einen
ungefährlichen Pflanzenfresser ausgesucht hat. Es wäre denkbar, dass
erst diese Symbiose den Menschen zum erfolgreichsten Primaten und
den Hund zum erfolgreichsten Caniden (Hundeartigen) werden ließ.