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In seinem Buch „Why We Love the Dogs We Do“ schreibt Coren 2001,
dass fast die Hälfte aller Welpen in Nordamerika bis zum zweiten Le
bensjahr entweder zum Züchter zurückgebracht, in andere Hände
gegeben, ausgesetzt oder vom Tierarzt eingeschläfert werden. Eine
ernüchternde Bilanz. Sind die Verhaltensmerkmale eines Hundes in-
kompatibel mit der Persönlichkeit seines Besitzers, kann es also
schnell zu Stress, Ärger und scheinbar unlösbaren Problemen kom
men. Der Hund wird abgegeben oder getötet. Findet der Mensch aber
den „richtigen“ Hund, verbessert dieser möglicherweise seine Lebens
qualität erheblich.
Im Rahmen dieser Arbeit wurden fünfzig Hundebesitzer gefragt, war
um sie sich für eine bestimmte Hunderasse entschieden haben. Die
Auswertung der Antworten wird in Abb. 4 gezeigt. Zur Analyse der
Daten ist anzumerken, dass viele der Befragten mehrere Gründe an
gaben. War dies der Fall, wurde ihre Stimme geteilt oder gedrittelt.
Für 45 % der Befragten ist also die Optik ihres Hundes das ausschlag
gebende Kriterium für den Hundekauf. Ebensoviele Halter entscheiden
sich anhand der Wesensmerkmale für eine bestimmte Hunderasse.
Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, dass 25%
der mitwirkenden Hundehalter ihren Hund aus dem Tierheim oder an
deren Rettungsstationen zu sich geholt haben.
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Menschen zu verdeutlichen, dennoch werden entscheidende Faktoren
für eine stimmige Sozialpartnerschaft nicht berücksichtigt. Dies sind
die individuellen Persönlichkeitsmerkmale des zukünftigen Hundehal
ters einerseits und die dazu passenden Verhaltensmerkmale des Hun
des andererseits.
Die Beschreibungen in Rassebüchern erwecken eventuell den Ein
druck, dass jeder Hund einer Rasse den dokumentierten Merkmalen
seines Wesens exakt entspricht. Jeder Welpe eines Wurfs unterschei
det sich in seinem Wesen oft beträchtlich von seinen Geschwistern.
Sein Charakter ist nicht geringer ausgeprägt als beim Menschen und
Welpen zeigen schon sehr früh verschiedene Eigenschaften und Ver
haltensweisen. Der geschulte Blick eines Fachmanns kann mittels
weniger kleiner Tests recht zutreffende Aussagen über den Welpentyp
tätigen und feststellen, ob der Welpe dominant, selbstbewusst, drauf
gängerisch, gemäßigt oder eher zurückhaltend bis ängstlich ist. Nicht
selten passiert es unerfahrenen Käufern, dass ein Welpe zielgerichtet
und unerschrocken auf sie zusteuert und prompt von diesen dann
auch ausgesucht wird. Dass sie sich wahrscheinlich den dominantes
ten Hund des ganzen Wurfs ausgesucht haben mag den meisten nicht
klar sein. Wenn nun aber ein dominantes Wesen gar nicht zu diesem
Menschen passt?
Für eine gelungene Sozialpartnerschaft zwischen Hund und Mensch
ist ebenso die Persönlichkeit des Besitzers von größter Bedeutung,
welche in den Ratgebern zum Hundekauf leider selten Erwähnung
findet. Coren hat sich dieser Lücke angenommen und dazu eine um
fangreiche Studie durchgeführt. Er hat hierfür eine Art Persönlich
keitstest für Menschen und ein neues Klassifikationsschema für Hun
de entwickelt. Gemeinsam mit Hundefachleuten entwickelte er eine
Einteilung von Hunderassen anhand von Verhaltensmerkmalen, wel
che für die Zufriedenheit und den Lebensstil von Menschen maßgeb
lich sind. Es konnten sieben Großgruppen gefunden werden, diese
wurden wie folgt beschrieben: Freundliche, wachsame, eigenwillige,
selbstbewusste, ausgeglichene, ruhige und intelligente Hunde. Um die
passende Persönlichkeit des Menschen zu diesen Gruppen zu finden
entwickelte er einen Test, welcher Extraversion, Dominanz, Vertrauen
und Warmherzigkeit bzw. deren Gegensätze misst. Die Auswertung
dieses Tests hilft schlussendlich eine geeignete Hund-Mensch-Paarung
zu finden.
Abb. 4