AUSSTELLUNG – 8.10.2024: Natur und Kultur – Bilder von Wald und Holz

Eine Kooperation von proHolz OÖ und der Prager Fotoschule
für die Kulturhauptstadt Salzkammergut 2024

Jutta Fischel,
Rosmarie Gmachl-Mariacher,
Georg Herder,
Sigrid Maria Katletz,
Daniela Köppl,
Agnieszka Kulowska,
Christine Maringer-Nösterer,
Mathias Müller,
Dirk Obracay,
Vilma Pflaum,
Sarah Pührerfellner

Foto: Jutta Fischel

Füchsin
Die schwangere Füchsin wartet still und in sich ruhend auf ihre Zeit. Werden und Vergehen. Tot und Wiedergeburt. Leben und Sterben. Der ewige Kreislauf des Lebens, dem alles unterliegt.
Wir kleiden uns.In Wahrheit aber stehen wir nackt, bloß und verletzlich vor der Mächtigkeit und Kraft der Natur.
Mensch und Natur sind keine Gegensätze sondern ein Ganzes.
Wir sind Natur wie Fuchs, Baum und Pilz……
Die Arbeit ist als Diptychon angelegt. Eine von mehreren Inspirationsquellen war Francisco de Goyas Bildpaar „Die bekleidete und die nackte Maja“, die nun im Museum Prado in Madrid – nach einer wechselvollen Geschichte – nebeneinander hängen.
Eine nackte, schwangere Frau im Wald ist der Inbegriff von Natürlichkeit und Ursprung. Durch die Maske erhält das Bild etwas unbestimmtes, künstliches, surreales.
Die Arbeit zeigt die Dualität von Mensch/Frau/Füchsin und Natur, die keinen Gegensatz bilden, sondern ein Ganzes ergeben. In die Welt eingebettet sind wir Menschen mit den Gaben und Kräften der Natur konfrontiert.
Der sichtbare Gegensatz von be- und unbekleideter Figur hebt die Verletzlichkeit der unbekeideten Gestalt hervor. Bekleidung verspricht Sicherheit und Geborgensein. Dies wird rasch zur Illusion, wie die letzten stürmischen Regentage zeigten. Denn auch heute gilt – sic transit gloria mundi – so vergeht der Ruhm der Welt.


Foto: Rosmarie Gmachl-Mariacher

Anfang und Ende in fünf Bildpaaren  
 Anfangs ist der Baum ein sehr zarter Botschafter der Natur. Eine faszinierende Veränderung beginnt, die Jahrzehnte oder vielleicht sogar Jahrhunderte dauern kann. Jahreszeiten und damit verbunden ein stetiger Wechsel beeinflussen seinen Wuchs und die Entwicklung auch rund um ihn. Dieses Altern bringt Herausforderungen mit sich, Stürme, Blitze und Trockenheit setzen ihm zu, doch er bleibt auch dann ein einzigartiger Lebensraum für andere Arten. Selbst im Absterben trägt er zur Schönheit und zum Gleichgewicht des Waldes bei.


Foto: Georg Herder

Wenn das Märchen vorbei ist
Der seit fast zehn Jahren geschlossene und sich selbst überlassene Märchenwald im Schindlbachtal  (bei Grünau/Almtal) erhält durch seinen zunehmenden Verfall eine neue Ebene: Die Märchen unterziehen sich mitunter einer Bedeutungsverschiebung.
Was macht ein kopfloser Prinz bei Schneewittchen? Wurde Dornröschen hinter den Hecken vergessen? War die Prinzessin mit den Qualitäten des Froschkönigs unzufrieden und darum liegt er nun zertrümmert da?
Der zunehmende Verfall verstärkt den Eindruck der Dystopie, die bei strenger Betrachtung den klassischen Märchen von jeher immanent war. Auch wenn die Protagonisten oft ein happy end feiern durften. 
Die Bilder zeigen die scheinbar ewige Verbindung zwischen Mensch, Kultur und Wald. 


Foto: Sigrid Maria Katletz

Mensch – Wald – Holz 
Die Suche nach dem Authentischen, nach einer starken Verbundenheit zur Region, zum Wald brachte mich zu meinen Fotomodellen: Wolfgang braucht das Leben in der Natur. Seine Forstarbeit bringt Ordnung in das ökologische System. Der Jäger Jan versucht im Forst ein gesundes Gleichgewicht herzustellen. Seine Leidenschaft bringt ihn zum stundenlangen Verweilen in einer absolut ruhigen und wundersamen Waldlandschaft. 
Das Holz selbst hat viele Funktionen. Meiner Mutter war im Winter eine gut beheizte Stube besonders wichtig. Vielen Menschen ist der Wald eine Kraftquelle und ein Anhaltspunkt im bewegten Alltag. 
Die Aufnahmen entstanden im Lainsitztal (Waldviertel),
beim Rybník Zlatá Ktiš (Grenzland von Tschechien – Österreich)
und im Wohnzimmer meiner Mutter.


Foto: Daniela Köppl

Wald und Holz  
Alle Bilder in dieser Ausstellung sind in Oberösterreich entstanden, einem Land, das meinen Blick auf die Natur und den Wald tief geprägt hat. Als Tochter eines Försters habe ich früh gelernt, die feinen Veränderungen in der Landschaft zu beobachten und die Bedeutung des Waldes als Lebensraum und Ressource zu verstehen. In meiner Arbeit als Fotografin mit dem Schwerpunkt Land- und Ernährungswirtschaft mache ich diese Zusammenhänge sichtbar. 
Meine Bilder zeigen, wie der Mensch in den natürlichen Kreislauf eingreift, wie wir den Wald nutzen und gestalten, aber auch, wie sich die Natur immer wieder ihren Platz zurückerobert. Es geht mir darum, diese Spannungen und Momente festzuhalten, in denen die Verbindung zwischen Mensch und Wald sichtbar wird – sei es durch die Lagerung von Holz, die Spuren der Forschung oder die unaufhaltsame Kraft der Pionierpflanzen. 
Für mich ist der Wald nicht nur ein Wirtschaftsfaktor, sondern vor allem ein Ort, der uns Geduld und Verantwortung lehrt. Diese Bilder sind Ausdruck meiner Auseinandersetzung mit dieser Verantwortung und meiner Faszination für die kleinen, oft übersehenen Details, die den Wald ausmachen.


Foto: Agnieszka Kulowska

Wolfschanze  
Fast 90 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, erinnern die Wälder Polens mit ihren Bunkern und Befestigungsanlagen noch immer an die Zeit der Nazi-Besatzung. Viele Objekte sind mittlerweile für Besucher geöffnet, andere müssen, auf eigene Faust gesucht werden. Die dunkle Geschichte zieht viele Besucher an, ebenso wie der Wunsch, zu verstehen, wie die Ereignisse dieser Jahre die Mentalität der Polen und Polinnen geprägt haben.

Die Wolfsschanze war eines der Hauptquartiere Hitlers. Der Diktator verbrachte mit rund 2.000 Mitarbeitern dort die meiste Zeit während des 2. Weltkrieges. Der Komplex aus etwa 100 Bunkern wurde 1941 in den Urwäldern der Masuren, nahe der Grenze zur Sowjetunion errichtet, von wo aus Hitler die ‘’Operation Barbarossa“ (Angriff auf die Sowjetunion) befehligte. Dieses Unternehmen war ein großer taktischer Fehler, der wesentlich zur Niederlage der Nazis beitrug. Als sich die Truppen der Roten Armee Ende 1944 der Ostgrenze Preußens näherten, wurde Hitlers Hauptquartier nach Westen verlegt. Ende Januar 1945 sprengten die Nazis die Bunker mit 8 Tonnen TNT, um zu verhindern, dass sie in die Hände der Feinde fallen. Durch die Explosionen wurden riesige Blöcke bis zu 30 Meter hoch in die Luft geschleudert. Sie liegen bis heute in der Landschaft – so wie sie gefallen sind.Zehn Jahre nach Kriegsende wurde das Gebiet um die Wolfsschanze von etwa 55.000 Minen geräumt. Jahre später diente es als Dating-Spot für Teenager aus den umliegenden Dörfern. Die Ruinen der Anlage ziehen bis heute Touristen an.  


Foto: Christine Maringer-Nösterer

Mit allen SinnenBäume
Wald und Holz ziehen mich zeitlebens magisch an. Harziger Duft, weicher Waldboden, über gehobelte Holzoberflächen streichen, alles das berührt meine Sinne. Charaktervolle Baumgestalten, malerische Waldszenerien, wunderschöne Holzmaserungen, das sind Gründe immer wieder meine Kamera zu zücken. Ich will diese Sinnlichkeit in Fotografien festhalten.


Foto: Mathias Müller

Holz
An der Fotografie interessiert mich die Vielseitigkeit: Landschaft-, Natur-, Architektur, aber auch Portrait – Fotografie. Mich begeistert das Kennenlernen verschiedener Kulturbereiche und die Zusammenhänge, die ich mir mit der Fotografie erschließen kann.Meine Bilder erzählen vom Holz als Schatz, den wir aus dem Wald gewinnen, von seiner Wandelbarkeit und meiner Faszination. 


Foto: Dirk Obracay

Grafisch betrachtet 
Die Bilder zeigen die Vielgestaltigkeit des Ökosystems Wald: Unterschiedliche Waldstrukturen stehen außergewöhnlichen Wuchsformen einzelner Baumindividuen gegenüber.
In der Serie wird nicht auf einen besonderen Aspekt fokussiert, sondern es werden Aufnahmen aus verschiedenen Wäldern gezeigt und zueinander in Beziehung gesetzt: Mischwald, Monokulturen und Auwald, Forstwirtschaftlicher Nutzwald und sich selbst überlassener Wald in Naturschutzgebieten, sowie Bäume im urbanen Umfeld. Aufgenommen wurden die Fotografien an unterschiedlichen Orten in Salzburg, Bayern, im niederösterreichischen Waldviertel sowie auf Rügen und in Rom.


Foto: Vilma Pflaum

Baumstämme
Die Bilder spielen mit der Wiederholung der Baumstamm wird zur Linie –       gerade oder in Bewegung – ein Rhythmus, der unendlich fortgesetzt werden könnte… Das Bild als Ausschnitt der Unendlichkeit zeigt die Natur in ihrer Differenziertheit, Ursprünglichkeit, Eigenwilligkeit.
Der Wald als Ort eines Ereignisses  
Versuche, einen *fruchtbaren Augenblick* einzufangen den Moment, aus dem das Vorhergehende und das Folgendeverständlich wird – oder dies zumindest versucht. 
Der Mensch, das Tier, dringt als Figur in die Natur ein oder kehrt zu ihr zurück und verschmilzt mit und in ihr.Das fotografische Schwarz/Weiß bestärkt die skulpturale Vereinigung.


Foto: Sarah Pührerfellner

Baumhaus
Meine große Wohnung im Wohnblock. 
Die Geräusche der Stadt umgeben mich.
Mein Rückzugsort, um der Hektik des Alltags zu entfliehen.                                    
Mein großer Spaziergang im Wald. 
Es begleitet mich das Zwitschern der Vögel.
Ein Rückzugsort, an den ich zurückkommen kann.
Mein großer Traum ein Baumhaus. 
Rund um mich der Wind, der die Blätter rascheln lässt.
Ein Rückzugsort, den ich mir selbst erschaffen habe.

In meinem Fotoprojekt „Baumhaus“ setze ich mich mit dem Thema des psychischen
Wohlbefindens auseinander und stelle die Frage: Wo finden wir Zuflucht, wenn der Trubel des Lebens uns überfordert. Wenn der Stress des Alltags zu groß wird, suchen wir nach Orten der Ruhe. Für manche ist es die eigene Wohnung, ein Rückzugsort, die uns vor der Hektik des Lebens schützt. Hier können wir die Tür zur Welt draußen schließen und einen Raum für uns selbst schaffen. Für manche ist es der Wald, hier können wir den Lärm der Welt hinter uns lassen. Zwischen den Bäumen finden wir einen Raum, der die Gedanken zur Ruhe kommen lässt. Ob in der Wohnung, im Wald oder im Baumhaus – es geht um das Erschaffen eines persönlichen Rückzugsortes, der uns Halt gibt und unser Gleichgewicht wiederherstellt. Das Projekt lädt dazu ein, innezuhalten und zu reflektieren, wo wir diesen finden.


JURY
Univ.Prof. Mag. Dr. Sigi Atteneder
Leiter der Studienrichtung Architektur und dem Studio BASEhabitat an der Kunstuniversität Linz
Alexandra Grill
Fotografin / Fotoredakteurin bei „Welt der Frauen“
Christina Jaritsch, MA
Leitung Ökologie, Landwirtschaft und Soziales in der Kulturhauptstadt Europas Bad Ischl Salzkammergut 2024
Dr. Georg Rappold
Gründer und Leiter der österr. Holzinitiative (waldfonds) im Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft,
Regionen und Wasserwirtschaft


Stellungnahme der Jury

Fotowettbewerb: Natur und Kultur – Bilder von Wald und Holz
proHolz OÖ und der Prager Fotoschule 
für die Kulturhauptstadt Salzkammergut 2024

Jeden einzelnen Baum erkennt man bei längerer Betrachtung als wahrlich unerschöpflichen Pool an Motiven. Der Wald bietet starke Kontraste, Rhythmus, Vielfalt und Wiederholung – beliebte Kompositionsmittel in der Fotografie. Mensch-gemachte „Störungen“ sind oft willkommene Reize im Bild. Am besten eingefangen haben das alles in den Augen der Jury folgende elf EinreicherInnen: 

Rosmarie Gmachl-Mariacher bildet Anfang und Ende von Bäumen in fünf Bildpaaren ab. Das Altern von Ahorn, Erle, Fichte, Föhre und Lärche sowie Herausforderungen wie Stürme, Blitze und Trockenheit sind hier festgehalten. 

Sarah Pührerfellner setzt sich in ihrer Fotoarbeit mit dem Thema des psychischen

Wohlbefindens auseinander: im Wald finden wir Zuflucht, wenn der Trubel des Lebens uns überfordert. 

Die mit grafischem Schwerpunkt sehr schön komponierten Bilder von Dirk Obracay zeigen die Vielgestaltigkeit des Ökosystems Wald: er zeigt unterschiedliche Waldstrukturen sowie außergewöhnliche Wuchsformen einzelner Bäume.  

Daniela Köppl zeigt Zusammenhänge zwischen Landwirtschaft und Natur, macht in ihren Fotos die Verbindung zwischen Mensch und Wald sichtbar. 

Den Verfall des menschlichen Beitrags in einem Märchenwald im Almtal lichtet Georg Herder ab. Er zeigt damit auch die unerbittliche Kraft der Natur, sich in kurzer Zeit ihr angestammtes Gebiet wieder einzuverleiben, es zu überwuchern, zu besetzen. 

Berufe, die im Wald stattfinden, sowie einige Nutzfunktionen von Holz hat Sigrid Katletz abgebildet. 

Die Sinnlichkeit des Waldes fasziniert  Christine Maringer-Nösterer und ihre Bilder erzählen sehr gut davon.

Mathias Müller behandelt das Thema „Holz als Schatz“, den wir aus dem Wald gewinnen, 

dessen Wandelbarkeit hier wunderbar zum Ausdruck kommt. 

Mensch und Natur sind für Jutta Fischel ein großes Ganzes in einem ewigen Kreislauf mit Leben und Sterben. Nackt steht der Mensch verletzlich da angesichts der Mächtigkeit und Kraft der Natur.

In der Arbeit von Vilma Pflaum begeistert uns die spürbare Ästhetik der analogen Farbfotografien.

Agnieszka Kulowska dokumentiert in ihrer Serie “Wolfschanze” die Ruinen des Hauptquartieres von Adolf Hitler in Polen. Die Urwald-Landschaft mit Spuren von gesprengten Gebäuden sieht die Fotografin als Anregung sich mit der Nazi-Besatzung Polens zu befassen.

So wie ein Mischwald gemeinhin die ökologische Empfehlung ist, hofft auch die Jury dieses Wettbewerbs eine spannende, wohltuende Mischung aus Fotoarbeiten in diese Ausstellung gewählt zu haben. 



Projektträger
proHolz Oberösterreich
Hessenplatz 3, 4020 Linz
www.proholz-ooe.at
Das Projekt wird aus Mitteln des Österreichischen Waldfonds gefördert.

Temporal Foresthttps://www.salzkammergut-2024.at/projekte/the-temporal-forest/
woodpassagehttps://www.proholz.at/woodpassage